Bayer gewann bei Union Berlin auf den letzten Drücker
noch mit 3:2 (1:1) und kam zum siebten Auswärtssieg in der laufenden Saison.
Peter Bosz stellte seine Elf im Vergleich zum
Spektakel gegen Dortmund auf drei Positionen um und brachte die Formation, die
gegen die Borussia aufgehört hatte. In der Dreierkette hinten blieb alles
unverändert, im Viererblock davor übernahmen Mitchell Weiser und Wendell die
Plätze von Karim Bellarabi und des erkrankten Daley Sinkgraven. Den linken
Offensivflügel besetzte Leon Bailey statt Moussa Diaby. Lars Bender und Nadiem
Amiri bildeten erneut das Tandem im defensiven Mittelfeld. Charles Aránguiz
gehörte nach überstandener Muskelverletzung in der Wade erstmals in diesem Jahr
zum Aufgebot, auch Exequiel Palacios stand erstmals in einem Bundesligaspiel im
Kader. Julian Baumgartlinger und Paulinho waren ebenso wie Sinkgraven nicht
dabei.
Die Werkself hatte ein klares Ziel für das Duell mit
Eisern Union formuliert: Es galt, den Sieg gegen den BVB mit drei weiteren
Zählern zu vergolden. Dass das beim tüchtigen Neuling, der fünf seiner
vergangenen sechs Heimspiele zu Null gewonnen und daheim bereits Dortmund (3:1)
und Gladbach (2:0) bezwungen hatte, durchaus einer haarigen Aufgabe gleichkam,
war indes allen bewusst in Schwarz und Rot. 2.500 Bayer 04-Fans besetzten den
Gästeblock im stimmungsvollen Stadion An der Alten Försterei bis auf den
letzten Platz.
Das Spiel nahm vom Anpfiff weg sofort Fahrt auf. Den
ersten Hochkaräter der Begegnung hatte die Union auf dem Fuß: Andersson
verfehlte mit seinem Schrägschuss aufs lange Eck die Führung nur um
Haaresbreite (3.). Den Kopfball von Friedrich packte sich Lukas Hradcky ganz
sicher (6.). Doch kurz darauf war der Finne im Kasten der Werkself völlig
chancenlos: Nach einem Angriff über die linke Seite und Flanke von Bülter in
den Rückraum legte Malli für Christian Gentner ab, der aus 18 Metern frei zum
Schuss kam und die Kugel hoch zur Berliner Führung unter die Latte wuchtete
(7.). Die giftigen Gastgeber waren gleich schwer auf Betriebstemperatur, Bayer
04 zeigte sich sichtlich beeindruckt und hatte zunächst Mühe, sich zu befreien
und sortiert nach vorn zu spielen. Dann aber lieferte die Werkself wie schon gegen
Dortmund einen Beweis enormer Effektivität: Jonathan Tah schlug einen weiten
Ball in die gegnerische Hälfte, wo Lars Bender klasse per Kopf in den Lauf von
Kai Havertz vorlegte, der bedrängt von Neven Subotic das Bein ganz lang machte
und die Kugel als Heber über Gikiewicz ins Netz setzte – 1:1 (22.). Erste
Chance, erster Treffer, kann man mal so machen! Berlin blieb indes jederzeit
forsch und gefährlich, Hradecky parierte Anderssons Versuch ohne Probleme
(30.). Vollands Kopfball nach Havertz-Flanke landete im dritten Stock (31.).
Als Subotic Havertz taktisch foulte und so einen vielversprechenden Angriff
unterband, gab es zum Erstaunen der Leverkusener keine Gelbe Karte für den
Unioner (33.). Die sah dafür wenig später Sven Bender (38.), auch das eine eher
überraschende Entscheidung von Schiedsrichter Osmers. Bei der letzten
Gelegenheit der ersten 45 Minuten kam Andersson nach einer Rechtsflanke am kurzen
Pfosten zum Abschluss, traf die Kugel aber nicht richtig (45.). In einer
intensiven, aber auch zunehmend zerfahrenen Partie ging es mit dem 1:1 in die
Pause.
Die zweite Hälfte begann mit zwei Wechseln auf Seite
der Werkself: Moussa Diaby und Charles Aránguiz kamen für Leon Bailey und
Mitchell Weiser ins Spiel, Kapitän Lars Bender gab fortan den
Rechtsverteidiger. Sven Bender wurde ins defensive Mittelfeld vorgezogen, Bayer
04 agierte jetzt im 4-2-3-1. Die Berliner sofort wieder im Angriffsmodus und
mit einer Möglichkeit, doch Wendell vermochte Malli gerade noch rechtzeitig zu
stören und zur Ecke zu klären (46.). Kurz darauf musste das Spiel erst mal
unterbrochen werden, weil im Leverkusener Fanblock mächtig Pyro gezündet wurde.
Die Begegnung blieb intensiv umkämpft, wobei Bayer 04 nun mehr Spielkontrolle
innehatte als noch in den ersten 45 Minuten. Ärgerlich, dass Diaby der Ball bei
der Annahme versprang nach einem Konter und guten Zuspiel von Havertz (61.).
Als die nächsten Pyros im Bayer 04-Block brannten und auch eine dringliche
Intervention von Lars Bender am Zaun nichts bewirkte, unterbrach Osmers die
Partie für einige Minuten und schickte beide Teams an den Spielfeldrand (65.).
Dem Spielfluss vor allem bei der Werkself war das alles andere als zuträglich,
Union übernahm nun wieder mehr die Initiative. Sehr stark bei den Gästen präsentierte
sich auch in dieser Phase Edmond Tapsoba, der mit seiner unaufgeregten
Balleroberung zu gefallen wusste. Andrichs Schuss rauschte klar am Tor vorbei
(75.), das war nach längerer Zeit überhaupt mal wieder eine Chance in diesem
Spiel. Bosz nahm seinen dritten Wechsel vor und brachte Karim Bellarabi für
Nadiem Amiri. Berlin blieb enorm griffig in den Zweikämpfen und machte den
Leverkusenern das Leben weiter schwer. Doch dann das zweite Beispiel höchster
Effektivität bei Schwarz und Rot an diesem Nachmittag: Nach einem gelungenen
Angriff über Charles Aránguiz und Kevin Volland, der klasse auf Moussa Diaby
durchsteckte, traf der Franzose allein vor Gikiewicz technisch fein zum 2:1
(83.). Die Entscheidung? Mitnichten! Nach langem Abschlag von Gikiewicz landete
der Ball über zwei Stationen beim Marius Bülter, der Lukas Hradecky mit einem
Schlenzer in den Winkel nicht den Hauch einer Abwehrmöglichkeit ließ – 2:2
(87.). Danach gingen beide Teams all in und aufs Ganze. Havertz, der jetzt
richtig aufdrehte, spielte Bellarabi frei, Gikiewicz rettete der Union den
Gleichstand (88.). Wegen der Unterbrechung gab es sieben Minuten Nachspielzeit
obendrauf. Berlin war jetzt stehend k.o., nach Bellarabis Pass quer zum Fünfer
kam Volland einen Schritt zu spät (90.+3). Dann doch noch die Erlösung: Karim
Bellarabi tanzte nach Doppelpass mit Aránguiz durch Berlins Abwehr und verlud
Giekiewicz aus spitzem Winkel ins kurze Eck zum 3:2 (90.+4). Unglaublich, erneut hatte die
Werkself ein Match auf den letzten Drücker gedreht. Bei Unions letztem Eckball
war auch Keeper Gikiewicz nach vorn geeilt und kam aus fünf Metern sogar frei
zum Abschluss, doch Hradecky tauchte ab und begrub die Kugel unter sich (90.+7)
– dann kam der ersehnte Schlusspfiff.
Für Bayer 04 geht es mit einer Englischen Woche und
zwei Heimspielen über Karneval weiter. Im Hinspiel des Sechzehntelfinales der
Europa League trifft die Werkself am Donnerstag, 20.2.2020, um 21 Uhr auf den
FC Porto. In der Bundesliga geht es am Sonntag, 23.2.2020, um 15.30 Uhr mit der
Partie in der BayArena gegen den FC Augsburg weiter.
Bayer 04: Hradecky – Tah, S. Bender, Tapsoba – Weiser
(46. Aránguiz), L. Bender, Amiri (75. Bellarabi), Wendell – Havertz, Volland,
Bailey (46. Diaby)
Tore: 1:0 Gentner (7.), 1:1 Havertz (22.), 1:2 Diaby
(83.), 2:2 Bülter (87.), 2:3 Bellarabi (90.+4)
Zuschauer: 22.012
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