Trotz einer Klasseleistung über 70 Minuten und einer
Vielzahl an Möglichkeiten musste sich Bayer 04 im Heimspiel gegen die TSG
Hoffenheim mit einem 2:2 (1:0)-Unentschieden begnügen. Wendell per Elfmeter
(32.) und Karim Bellarabi (49.) trafen für lange Zeit drückend überlegene
Gastgeber, die extrem effektiven Hoffenheimer glichen durch Kramaric (47.) und
Uth (71.) aus.
Einen unerwarteten Ausfall neben dem
Langzeitverletzten Tin Jedvaj und Kapitän Lars Bender, für den die Partie gegen
die TSG noch zu früh kam, musste die Werkself kurzfristig hinnehmen: Joel
Pohjanpalo zog sich im Abschlusstraining am Freitag einen Muskelfaserriss im
rechten Hüftbereich zu und wird seinem Team etwa vier Wochen nicht zur
Verfügung stehen. Für den Finnen rückte Stefan Kießling ins Aufgebot. Den Platz
des erkrankten Aleksandar Dragovic nahm André Ramalho auf der Bank ein.
Chefcoach Heiko Herrlich vertraute bis auf eine Ausnahme der Startelf, die er
auch zum Bundesliga-Auftakt in München ins Rennen geschickt hatte. Für Leon
Bailey begann Julian Brandt, der 21-jährige Nationalspieler bestritt sein 100.
Bundesligaspiel und ist damit nun in der Nachfolge von Gonzalo Castro der
jüngste Bayer 04-Profi, der diese Marke erreicht hat.
Bei schwül-warmen Temperaturen begann die Werkself in
einer 3-4-3-Grundordnung – so wie sie auch bei den Bayern in der überzeugenden
zweiten Hälfte taktisch agiert hatte. Sieben Minuten brauchten die Hausherren
bis zur ersten gefährlichen Annäherung an den Hoffenheimer Kasten: Nach einer
scharfen Hereingabe von Karim Bellarabi von rechts klärte Bicakcic gerade noch
vor dem einschussbereiten Kevin Volland. Kurz darauf das erste dicke Ding:
Bellarabi stürmte über rechts allein in den Strafraum, drehte noch einen Gegner
ein, setzte den Ball aber knapp am langen Eck vorbei (9.) – das hätte schon die
Führung sein können! Nach einer Viertelstunde zog Bellarabi aus dem Stand aus
halbrechter Position und 18 Metern ab, doch wieder rauschte die Kugel am
Pfosten vorbei. Eine Minute später hatten die Fans den Torschrei schon auf den
Lippen: Admir Mehmedi legte nach Sven Benders öffnendem Pass klug zurück, doch
Kevin Volland knallte mit rechts vorbei (16.). Erneut eine richtig gute
Möglichkeit der zunehmend stürmischen und ballsicheren Werkself, die die
Anfangsphase deutlich bestimmte und mit viel Szenenapplaus bedacht wurde.
Doch mit der Effektivität im Abschluss war es erneut
nicht weit her. Das zeigte sich vor allem in der Szene in der 25. Minute, als
Bayer 04 nach einem Ballgewinn von Charles Aránguiz mit vier gegen zwei
angriff, die Überzahl aber nicht präzise genug ausspielte und so die Führung
beinahe sträflich liegen ließ. Unmittelbar danach wurde Dominik Kohrs Schuss doppelt
geblockt und der Schlenzer von Aránguiz mit links verfehlte das Ziel hauchdünn
(26.). Bayer 04 machte klar die Musik in der BayArena, und das nicht zu knapp.
Wenig später endlich der längst fällige Lohn für die Werkself: Nach Foul von
Bicakcic an Julian Brandt entschied Schiedsrichter Osmers folgerichtig auf
Elfmeter, und Wendell knallte den Strafstoß scharf und mit Hilfe des
Innenpfostens zur hochverdienten Führung in die Maschen (32.). Die berechtigte
Freude der Fans wurde von einem kollektiven Stöhnen des Entsetzens abgelöst,
als Dominik Kohr nach Vollands Hereingabe das scheinbar sichere 2:0 ausließ
(38.). Wahnsinn, was die top aufgelegte Werkself alles an Chancen verstreichen
ließ! Unmittelbar vor der Pause rauschte Wendells Volleykracher einen halben
Meter am Tor vorbei (45.). Hoffenheim war mit dem knappen Rückstand zur
Halbzeit bestens bedient – und die Werkself ging unter prasselndem Beifall in
die Kabine.
Die zweite Hälfte begann mit einem üblen Nackenschlag
aus Sicht der Werkself, als Kramaric mit dem ersten Torschuss der TSG überhaupt
das 1:1 glückte (47.). Doch die Werkself schlug unmittelbar und unwiderstehlich
zurück: Admir Mehmedi, der auch viele Defensivzweikämpfe gewann, steckte fein
für Karim Bellarabi durch, und der traf flach aus der Drehung ins lange Eck zur
prompten Antwort und erneuten Führung (49.). Und Bayer 04 blieb dran: Brandt
schlenzte mit links drüber (53.), Bellarabi donnerte nach einem Schnellangriff
hoch ans Außennetz (58.). Was die Fans vor allem begeisterte: Bei Bayer 04
kämpfte jeder für jeden, auch die Offensivkräfte machten weite Wege nach
hinten, es stand eine echte Mannschaft und Einheit auf dem Platz, die
Handschrift von Heiko Herrlich war klar zu erkennen. Umso bitterer der nächste
Rückschlag, als Hoffenheim einen Konter durch Uth zum 2:2 abschloss (70.) Der
Stürmer war mit einem Schuss an die Unterkante der Latte erfolgreich, nachdem
Benny Henrichs zuvor nach einem Kontakt mit Uth gestürzt war und so nicht mehr
eingreifen konnte. Bernd Leno war wie schon beim ersten Gegentor ohne jede
Abwehrchance. Die TSG erwies sich als brutal effektiv und war auf einmal im
Spiel. Leon Bailey löste danach Julian Brandt ab (71.), wenig später nahm
Herrlich einen Doppelwechsel vor: André Ramalho und Stefan Kießling kamen für
Volland und Mehmedi (77.). In der Schlussphase musste die Werkself auch ein
wenig ihrem gewaltigen Tempo Tribut zollen und es ruhiger angehen lassen. Am
Ende reichte die Kraft nicht mehr, um noch mal auf den entscheidenden Punch
auszugehen. Doch bei aller Enttäuschung über das Ergebnis wurde das Team von
den Fans mit viel Beifall verabschiedet – zurecht nach diesem starken Auftritt!
In der kommenden Woche legt die Bundesliga eine
Länderspielpause ein. In der Meisterschaft geht es für die Werkself am Samstag,
9.9.2017, um 15.30 Uhr mit der Partie beim 1. FSV Mainz 05 weiter.
Bayer 04: Leno – Tah, S. Bender, Henrichs – Mehmedi
(77. Kießling), Kohr, Aránguiz, Wendell – Bellarabi, Volland (77. Ramalho),
Brandt (71. Bailey)
Tore: 1:0 Wendell (32./Foulelfmeter), 1:1 Kramaric
(47.), 2:1 Bellarabi (49.), 2:2 Uth (71.)
Zuschauer: 27.106
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